Nach dem Frühstück im heißen Necocli (Departamento Antioquía) ging es weiter Richtung Santa Marta. Wir hofften so weit wie möglich zu kommen.
Volcán de Lodo (Schlammkrater) bei Arboletes
Unser Zwischenstopp war ein Volcán de Lodo, ein herrliches Schlammbad in einem vulkanischen Krater.
Kurz nach Arboletes (Departamento Antioquía) Ruta 90 nach Norden, zeigt ein Schild die Einfahrt zum Volcán de Lodo (Schlammkrater) an. Allerdings gab es zwei Einfahrten, wir nahmen erst die Falsche. Am richtigen Parkplatz angekommen, feixte der Parkplatzwächter: „Ihr seid falsch gefahren, gell, hahaha, ihr habt vorhin den falschen Weg genommen, ich habs gesehen, hahaha“. Ich klopfte ihm auf die Schulter: „Sie machen sich lustig über uns! Hahaha“. Das ist also der hießige Humor.
Direkt am Meeresstrand auf 32 m Höhe erstreckt sich mit 63 Metern Durchmesser das Kraterloch. Der angenehm warme Schlamm besitzt eine Dichte von 1,7 g/cm³, höher als der menschliche Körper. Daher: Mensch kann nicht untergehen.
Man steigt in die dunkle Masse, die einen angenehm umgibt und liegt, steht oder sitzt sicher im Schlamm. Fortbewegen kann man sich mit rudernden Armbewegungen oder fahrradfahrenden Beinen. Iris, die sich mit Massagen im Schlammbecken ihr Geld verdient zog mich mit ihren starken Armen Richtung Kratermitte.
Ein wunderbares Gefühl sich einfach fallen zu lassen, sicher umgeben von der warmen Masse des Schlammes. Ab und zu blubbert es neben einem besonders dann, wenn mensch sich bewegt. Physikalisch ist das alles einfach erklärbar, spannend, wenn man es selbst erlebt.
Man sagt dem Schlammbad heilende und schmerzlindernde Kräfte zu, ich denke analog eines Wärmekissens. Auf jeden Fall hat es den Effekt einer Ganzkörper Tonerde-Maske; nämlich herrlich samtige Haut.
Wenn es einem in diese Gegend Kolumbiens verschlägt, genießt unbedingt so ein Schlammbad. Entweder hier oder, in einem kleineren Format, im Volcán de Lodo El Tumo. Unsere Empfehlung ist ganz klar Arboletes, wegen der geringeren Zahl an Besuchern und dem großen Krater in dem man sich so lange man will frei bewegen kann. Der Eintritt ist frei. Lediglich fürs Duschen muss man 3000 COP (90 Cent) bezahlen, das ist allerdings notwendig.
Unser Track:
Attacke einer Jugendbande in Barranquilla
Die Fahrt ging weiter Richtung Barranquilla. Wir kamen gut voran. Etliche Bananenplantagen säumten unseren Weg.
Es war eine schöne Fahrt. Kurz vor Barranquilla, einer 1,6 Millionen Hafenstadt im Departamento Atlántico, wurde es dunkel, ansprechende Unterkünfte waren nicht in Sicht, deshalb beschlossen wir bis Santa Marta, noch gute 100 km, weiter zu fahren. Wir durchquerten Barranquilla und fuhren bereits auf der Brücke über den Rio Magdalena Richtung Osten raus aus der Stadt.
Es war 19 Uhr, es herrschte Dunkelheit und mäßig viel Verkehr auf der Brücke.
Es ging vorbei an Polizei und Baustellen als es stoppte. Ein Auto vor uns hatte eine Jugendbande von etwa 30 Jugendlichen eine rund 1 Meter hohe Barrikade von Ästen errichtet. Ein Weiterfahren war unmöglich. Die Jugendliche umringten mit aggressiven Gesten das vor uns stehende Auto. Für uns war klar, wir warten nicht wie die Schafe vor der Schlachtbank, wir flüchten. Dem vorderen Autofahren zu Hilfe zu kommen war Angesicht der Anzahl der Jugendlichen nicht möglich.
Peter sah links der Meute eine Möglichkeit durchzukommen und raste los. Allerdings musste er abbremsen um nicht 2 weibliche Jugendliche, die der Bande angehörten, zu überfahren. Indem Moment bekam unser Auto auch schon einen Schlag von hinten ab. Peter schlängelte vorbei, wich noch einem Jugendlichen aus, der gerade dabei war einen Stein auf unsere Frontscheibe zu schleudern und fuhr davon. Wir wussten nicht ob wir verfolgt wurden.
Nach etwa 200 m war der nächste Polizeiposten. Wir hielten an und ich berichtete von der Gefahr indem die Autofahrer unweit des Posten steckten. Die Polizei wiegelte ab und deutete uns weiterzufahren. Ob sie bereits aktiv wurden oder es werden war unklar.
Dieses Ohnmachtsgefühl in einer solchen Situation sitzt tief. Wir wissen nicht welche Waffen die Jugendliche besitzen, wir wissen nicht wie weit sie gehen werden. In Guatemala werden nicht hörige Autofahrer_Innen erschossen bzw. beschossen.
Trotzdem hatten wir für solche Situationen beschlossen, wenn es irgend möglich ist zu flüchten und in Kauf zu nehmen beschossen zu werden, als uns zu ergeben.
Ich rate jedoch immer den Leuten, wenn sie nach der Sicherheitslage in Guatemala fragen, alles zu tun was die Angreifer verlangen.
Ich hätte mir in der Situation gewünscht eine Pistole mit Gummigeschossen zur Hand zu haben, soviel zum Thema Waffengesetz. Auch kam bei uns die Frage auf, inwieweit ist uns die Unversehrtheit eines Bandenmitglieds wichtig. Anders ausgedrückt, würden wir in einer solchen Situation, in der wir nicht wissen können mit welchen Waffen sie uns attackieren, auch einen Jugendlichen überfahren, daher, seinen Tod in Kauf nehmen? Mir ist in der Situation wirklich völlig wurscht ob hier Perspektivlosigkeit, unglückliches Elternhaus oder ähnliches mit eine Rolle spielen, in der Situation ist nicht nur mein Hab und Gut bedroht sondern auch unsere Unversehrtheit. Und ja, zumindest ich würde auch einen Jugendlichen überfahren um zu flüchten, nämlich dann, wenn die Attacken auf uns massiv werden oder auch nur, wenn die empfundene Bedrohung auf unser Leben überhand nimmt.
Wir kamen erschöpft in Santa Marta an. Tag 18 haben wir damit verbracht einen Fun-Dive in Taganga für den nächsten Tag zu buchen und zu relaxen.